Pfarrer Markus Dörre gab in seinem Vortrag „Pilgertradition von Koloman bis Kerkeling" auf viele Fragen zum Unterwegssein von gestern bis heute Antworten mit „Tiefgang". Im Rahmen des Jubiläums „1000 Jahre Heiliger Coloman" hatte die Kirchengemeinde St. Maria Wetzgau-Rehnenhof den Wallfahrtspfarrer von Schwangau bei Füssen im Gemeindehaus zu Gast.

 

Der Geistliche ging in der Geschichte der Pilgerreisen zunächst auf den Beginn der Wallfahrten vor 1600 Jahren zurück, als die Menschen ganz bewusst die Heimatlosigkeit und Einsamkeit suchten um ein asketisches Leben ganz nahe bei ihrem Gott zu führen. Die Volksfrömmigkeit spielte bei den Pilgerreisen im 8. Jahrhundert eine Rolle. Zur Zeit der Kreuzzüge wurde das Unterwegssein mit dem Ziel verknüpft, die Heiligen Stätten wieder zurückzuerobern. Im 14. Jahrhundert behalfen sich die Gläubigen mit lokalen Heiligtümern und Legenden. Es entwickelten ich Wallfahrten mit gottesdienstlichen Angeboten, prunkvollen Prozessionen und Heiligenverehrungen. So entstand auch die erste Wallfahrtskapelle für den Heiligen Coloman in Schwangau. Mit der Reformation kam das Pilgern bis ins 17. Jahrhundert zum Erliegen. Der Dreißigjährige Krieg und die Pest löste wie in der heutigen Zeit eine neue Blüte des Pilgerns aus. Im Gegensatz zur damaligen Zeit ist das Pilgern heute durch die gute Ausstattung mit Funktionswäsche, Schuhe, Rucksack, Wanderstöcke angenehmer geworden. Der Wallfahrtspfarrer erklärt, dass es heutzutage durch die oftmals ständige Erreichbarkeit, den Arbeitsstress und zeitliche Einschränkungen viel schwieriger ist, Abstand vom Alltag zu gewinnen, gelassen und demütig zu werden.

Pfarrer Dörre sieht als Be-Weg-Gründe moderner Pilger nahezu immer noch die gleichen wie vor Jahrhunderten: Der Besuch eines Heiligtums, Heil(ung) in unterschiedlichsten Formen und Motiven, Buße, aber hauptsächlich die Reise und Abenteuerlust. Früher habe ein Pilger seine ganze Existenz aufs Spiel gesetzt, doch das Ziel war immer lohnender als die Gefahren. Wer sich damals auf den Weg gemacht hat, so der Referent, nahm radikal Abstand vom bisherigen Leben und mit dessen Rückkehr wurde nicht gerechnet: Er machte diese an Hand der Legende des irischen Königssohn Coloman deutlich, der auf seinem Pilgerweg nach Jerusalem in Stockerau bei Wien den Märtyrertod starb. „In Begegnungen mit anderen auf einem Weg mit einem Ziel erlebt man ungemein viel", so Markus Dörre, der sich in den Sommerferien selbst auf dem Jakobusweg machte. „Auch als Christen darf unser Lebensweg nicht ziellos sein" rief er den Zuhörern zu. Heilige sind für die Menschen Vorbilder, weil sie ihr Ziel erreicht haben. Für den Geistlichen ist der Reiz, sich auf einen Weg zu begeben auch deshalb ungebrochen, weil man auf einem Pilgerweg ein Leben genießen kann, das nicht fremd gesteuert ist und man sich traut, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen.